Die Klabriaspartie
von Adolf Bergmann

 
Die Klabriaspartie
Die Budapester spielen "Die Klabriaspartie" 
von links nach rechts: Max Rott (Reis), Benjamin Blaß (Dowidl),
Ferdinand Grünecker (Dalles), Anton Rheder (Moritz), Karl Hornau (Janitscheck).
Nicht im Bild: Kathi Hornau (Frau Reis)
Foto von der Uraufführung (1890)


Höhepunkt des Abends ist die Wiederaufführung der berühmten

 „Klabriaspartie“

von Adolf Bergmann.


Dieser legendäre Einakter (von 1890) spielt in einem kleinen jüdischen Kaffeehaus in der Leopoldstadt,
stand fast 40 Jahre lang beim
Budapester Orpheum und anderen Kabarettensembles (in Wien, Budapest und Berlin) auf dem Spielplan und war zur damaligen Zeit genauso sprichwörtlich und „typisch“, wie für uns heutzutage vielleicht Qualtingers „Herr Karl“.

Über das Leben des Autors ist herzlich wenig bekannt.

Adolf Bergmann kam 1887 aus Budapest nach Wien, schlug sich hier mehr schlecht als recht als Coupletsänger durch. Als Autor hatte er mehr Erfolg: mit Possen wie "Kobigigerl-Kavalier" oder "Lauter solche Sachen".
Sein größter Erfolg war "Eine Partie Klabrias im Café Spitzer" oder kurz "Die Klabriaspartie".

Nach neueren Erkenntnissen war die "Klabriaspartie" aber keine ganz originäre Erfindung von Bergmann, sondern basierte auf einem gleichnamigen ungarischen Einakter (mit dem Titel A kalábriász parti,
geschrieben von Antal Oroszi), der 1889 in Budapest im "Folies Caprice" uraufgeführt worden war. Bergmann übersetzte das Stück ins Deutsche, fügte eigene Dialoge und Pointen hinzu und verlegte die Handlung vom fiktiven Budapester Café Abeles ins ebenso fiktive Wiener Café Spitzer.

 
Die "Klabriaspartie" hatte, in der Fassung von Adolf Bergmann, am 8. November 1890 in Wien Premiere und erlebte über 5000 Aufführungen!

Kaum ein Schauspieler des Ensembles, der nicht irgendwann einmal eine der 6 Rollen darin übernommen hätte.
In der Uraufführung spielten Ferdinand Grünecker (der auch inszenierte), Max Rott, Benjamin Blaß, Anton Rheder, Karl Hornau (siehe Bild oben), sowie Kathi Hornau, die "komische Alte" des Ensembles, die noch mit Johann Nestroy zusammen aufgetreten war, als Frau Reis.

Später übernahm  Heinrich Eisenbach den Dalles.
In der letzten Version (1925) lautete die Besetzung:
Adolf Glinger (Dalles), Armin Berg ( Dovidl Grün), Sigi Hofer (Reis), Paula Walden (Frau Reis), Leo Ginsberger (Moritz) und  Hans Moser (Janitscheck).

Die "Klabriaspartie" war auch eines der wenigen Stücke aus dem Repertoire der Budapester, die in Druck erschienen (und noch dazu in zahlreichen Auflagen) - die meisten Texte sind nur noch in den Archiven der Zensurbehören erhalten...

Auch in anderen Stadten wurde "Die Klabriaspartie" höchst erfolgreich nachgespielt - in Berlin etwa am "Herrnfeld-Theater", ab 1891 auf deutsch in Bergmanns Version auch in Budapest, ab 1942 sogar im Exil in New York.

Es gab sogar eine Reihe von Fortsetzungen, wie etwa "Die Klabriaspartie beim Heurigen", "Die Klabriaspartie vor gericht" oder "Die Klabriaspartie im Aschantidorf", und sogar Parodien, etwa "Die klassische Klabriaspartie", wo jüdische Theaterfigure´n wie Shylock oder Nathan sich im Kaffehaus zum Kartenspielen treffen...

Die Klabriaspartie
"Die Klabriaspartie"
Titelbild der Druckausgabe
Klabriaspartie 1925
Die Budapester spielen "Die Klabriaspartie"

von links nach rechts: Hans Moser (Prokop Janicsek),
Armin Berg (Dovidl Grün),
Adolf Glinger (Simon Dalles),
Leo Ginsberger (Moritz), Sigi Hofer (Jonas Reis).

Nicht im Bild: Paula Walden (Frau Reis)
Foto von der letzten Inszenierung in der Rolandbühne (1925)
Dem Autor, Adolf Bergmann, nützte der ganze Ruhm allerdings nichts. Damals gab es kein Urheberrecht und keine Tantiemen - für eine einmalige Zahlung von 5 Gulden gingen sämtliche Rechte an der "Klabriaspartie" für alle Zeiten an die "Budapester Orpheumgesellschaft" über. Gelegentlich gab es (aus Mitleid) noch kleine Geldgeschenke der Direktion an den Autor ihres größten Erfolges. Mit Bergmanns Karriere ging es auch nicht weiter bergauf, nach einem Schlaganfall starb er schließlich völlig verarmt im Irrenhaus.



Weitere Infos zum Stück in der Wikipedia 


Zwei der Figuren der "Klabriaspartie" sind auch zu Namensgebern unseres Programms geworden:
Dalles und Dowidl.
Es sind sprechende Namen.
Da ist einmal Simon Dalles: auch wenn er hier im Kaffeehaus, beim Kartenspielen, so etwas wie der Doyen ist - in Wirklichkeit ist er ein genauso armer Schlucker wie alle andern, denn sein Name "Daless" bedeutet nichts anderes als "Armut, Elend".
Und Dowidl, der Kiebitz, der immer mit dabei sein will
und der doch immer wieder weggeschickt wird: "Dowidl", das ist die Verkleinerungsform von "David" - der kleine Held, der gegen den übermächtigen Feind mit völlig untauglichen Waffen antreten muß und trotzdem nie aufgibt...
Und dann gibts noch Prokop Janitscheck, den Böhmen, den es ins jüdische Kaffeehaus verschlägt - und es zeigt sich: so fremd man sich auch fühlt in der Welt (als Jude z.B.), es gibt immer einen, der noch fremder ist als man selber...
(Aber zuletzt halten dann natürlich doch alle irgendwie zusammen...)


Die Klabriaspartie - Ensemble Tinte & Kaffee
Ensemble Tinte & Kaffee spielt "Die Klabriaspartie"
von links nach rechts: Elisabeth Seethaler (Reis), Eszter Hollósi (Frau Reis), Eva Agai (Dowidl),
Eva-Christina Binder  (Dalles), Andreas Kosek (Janitscheck), Christine Renhardt (Moritz)
Foto von der ersten Version (2008)